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„Ein sehr gutes Rennen ist: Ein gutes Rennen“

Eliud Kipchoge spricht vom „Streckenrekord“ beim Berlin-Marathon

Der größte Marathonläufer aller Zeiten ist wieder bereit: Eliud Kipchoge geht am Sonntag als zweifacher Olympiasieger, als Weltrekordler und als als erster Läufer, der einen Marathon unter zwei Stunden lief, beim BMW Berlin-Marathon an den Start. Vor vier Jahren stürmte der 37-Jährige am Brandenburger Tor in der nach wie vor gültigen Weltrekordzeit von 2:01:39 Stunden ins Ziel. Alles ist auf ihn fokussiert. Erwartungsgemäß ist Kipchoge der klare Favorit. Vorjahressieger Guye Adola und dem Weltmeister von 2015, Ghirmay Ghebreslassie, sind nur zwei von mehreren Eliteläufern mit besonderer Qualität. Österreichs Rekordhalter Peter Herzog will seine gute Vorbereitung in einen ebensolchen Marathon umsetzen. Seine Bestmarke steht bei 2:10:06 Stunden.

Der BMW Berlin Marathon wird am Sonntag ab 9 Uhr live auf ARD übertragen.

Frauenrennen mit US-Rekordlerin und VCM-Siegerin

Ein packendes Rennen darf man auch bei den Frauen erwarten. US-Rekordlerin Keira D’Amato führt mit 2:19:12 Stunden dass Feld an. Gut möglich, dass auch die zweifache VCM-Siegerin Vibian Chepkirui, heuer gewann sie in Streckenrekordzeit von 2:20:59, ganz vorne mitläuft. Zwei weitere Läuferinnen mit VCM-Historie zählen zu den Favoritinnen. Gutemi Shone Imana aus Äthiopien wurde in Wien 2016 Siebte, die Kenianerin Maurine Chepkemoi holte 2019 den dritten Platz.

„Streckenrekord“: Kipchoge bereit für ein schnelles Rennen

Das große Interesse liegt jedoch bei Eliud Kipchoge. Er ist bereit für ein sehr schnelles Rennen, das ihn möglicherweise zu seinem zweiten Weltrekord über die 42,195 km führen könnte. Bezüglich konkreterer Aussagen hielt sich der 37-jährige Kenianer jedoch auch zwei Tage vor dem Start zurück: „Ich danke den Organisatoren, dass ich nach vier Jahren wieder in Berlin starten kann und erwarte ein sehr gutes Rennen. Ich habe wie sonst auch gut trainiert - jeder Trainingstag ist dabei eine Herausforderung.“ Auf die Frage, was genau für ihn ein „sehr gutes Rennen“ sei, antwortete Eliud Kipchoge bei der Pressekonferenz: „Ein sehr gutes Rennen ist: ein gutes Rennen.“ Damit hatte er die Lacher auf seiner Seite, bevor er hinzufügte: „Ich möchte die Menschen inspirieren und wenn am Ende dann ein Streckenrekord herauskommt, würde ich mich freuen,“ Der Streckenrekord ist natürlich auch der Weltrekord, doch dieses Wort nahm Eliud Kipchoge nicht in den Mund.

Unvergleichliche Marathonlaufbahn

Eliud Kipchoge kann auf eine einmalige Marathon-Karriere zurückblicken, die sich inzwischen über fast ein Jahrzehnt erstreckt. Der Kenianer lief bei 16 seiner 18 Marathonläufe als Sieger ins Ziel. Darunter sind auch die zwei nicht rekord-konformen Rennen in Monza 2017 und Wien 2019. Auf der Prater Hauptallee in Wien durchbrach Eliud Kipchoge vor drei Jahren dabei sensationell die Zwei-Stunden-Barriere mit einer Zeit von 1:59:40,2 - eine Leistung, die als „Kipchoges Mond-Landung“ bezeichnet wurde und weltweit für Schlagzeilen sorgte. Dabei wurden ständig wechselnde Tempomacher eingesetzt, und außerdem wurden ihm die Verpflegungsflaschen während des Laufes vom Fahrrad aus gereicht - beides ist nicht zugelassen bei offiziellen Rekorden.

Nur zweimal konnte Eliud Kipchoge einen Marathon nicht gewinnen. 2020 kam er in London bei extrem schlechtem Wetter mit eiskaltem Dauerregen mit den Bedingungen nicht zurecht und belegte Platz acht. Zuvor war er in Berlin 2013 in seinem zweiten Marathon Zweiter – hier war allerdings ein Weltrekord von seinem Landsmann Wilson Kipsang nötig, um Kipchoge auf Platz zwei zu verweisen.

Vierter Berlin-Sieg im Blick

Eliud Kipchoge nun bereits zum fünften Mal in Berlin über die 42,195 km an den Start gehen - öfter lief er bei keinem anderen Marathon. Mit einem vierten Sieg nach 2015, 2017 und 2018 würde Eliud Kipchoge aufschließen zu Äthiopiens Lauf-Legende Haile Gebrselassie, der den BMW Berlin-Marathon viermal gewann und damit zurzeit der Rekord-Sieger des Rennens ist.

Schnelle Strecke gab den Ausschlag

Bei den finanzstarken Marathonrennen in London im Oktober oder New York im November hätte Eliud Kipchoge sicherlich wesentlich mehr Startgeld erhalten können, doch in Berlin geht es um etwas anderes für den Ausnahmeathleten: „Berlin bietet den schnellsten Kurs. Hier kann ein Mensch sein Potenzial zeigen und die Grenzen verschieben. Ich möchte eine sehr schnelle Zeit laufen“, sagt Eliud Kipchoge, der bereits 2003 als 19-jähriger Außenseiter bei den Weltmeisterschaften in Paris für eine Sensation gesorgt hatte: Der damalige Youngster gewann das 5.000-m-Finale und überraschte die beiden Superstars Kenenisa Bekele (Äthiopien) und Hicham El Guerrouj (Marokko).

Eliud Kipchoge: Bescheidene Lebensweise, Geld interessiert ihn nicht

Längst ist Eliud Kipchoge ein Leichtathletik-Superstar. Doch seine bescheidene Lebensweise hat sich nicht wesentlich verändert, was sicherlich ein Grund dafür ist, dass er sein enorm hohes Leistungsniveau über einen derart langen Zeitraum halten kann. Eliud Kipchoge wurde in Kapsisiywa im Nandi-Gebiet geboren, wo seine Eltern eine Farm führten. Sein Vater starb jedoch früh und seine Mutter arbeitete als Lehrerin, um die Familie zu ernähren. Wie viele andere kenianische Weltklasseläufer schuf Eliud Kipchoge die Grundlage für seine Karriere unbewusst, indem er täglich zur Schule und zurück rannte. Außerdem verdiente sich der junge Eliud Kipchoge ein Taschengeld, indem er die Milch von Bauernhöfen weiterverkaufte. Dabei legte er mit dem Rad jeweils Strecken von rund 40 Kilometern zurück.

Als 16-Jähriger traf er den ehemaligen Weltklasseläufer über 3.000 m Hindernis, Patrick Sang, der für den holländischen Manager Jos Hermens eine Trainingsgruppe in Kenia betreute. Seit inzwischen über 20 Jahren ist Sang der Coach von Kipchoge, der von Hermens und seinem holländischen Management-Team betreut wird. „Eliud Kipchoge“, sagte Patrick Sang in einem Interview der BBC, „hat in dieser ganzen Zeit keine Trainingseinheit verpasst - nicht eine einzige!“

Eliud Kipchoge lebt heute mit seiner Frau Grace Sugutt und den drei Kindern in Eldoret. Dort allerdings ist er in der Regel nur am Wochenende, ansonsten ist der Athlet im Trainingscamp im 2.400 Meter hoch gelegenen Kaptagat. Das Training in der dünnen Höhenluft ist für Langstreckenläufer leistungsfördernd. „Unser Leben hier ist sehr simpel. Wir stehen morgens auf und laufen, machen danach gegebenenfalls etwas sauber oder ruhen uns aus, essen mittag, bekommen eine Massage und absolvieren dann unsere zweite Trainingseinheit um 16 Uhr. Nach dem Abendessen erholen wir uns noch etwas und gehen dann schlafen. Das ist alles“, beschreibt Eliud Kipchoge einen Tagesablauf im Trainingscamp, wo er mit etlichen weiteren Weltklasseathleten zusammen wohnt.

Nach Wien: Eine Tasse Tee & Training

Die enormen Beträge, die er während seiner einmaligen Karriere verdient hat und die sich im Millionenbereich bewegen, interessieren Eliud Kipchoge nicht. „Ich arbeite nicht mit Geld und halte es fern von mir, es ist in der Bank. Ich möchte ein einfaches Leben leben“, erklärte Eliud Kipchoge. Es gibt einige Beispiele für kenianische Weltklasseathleten, die mit dem Erfolg und dem damit verbundenen Reichtum nicht umgehen konnten. Einige verfielen dem Alkohol und zerstörten so ihre eigene Karriere. Nicht so Eliud Kipchoge. Sein Physiotherapeut Peter Nduhiu erklärte gegenüber der BBC: „Wenn irgendein anderer Läufer die Zwei-Stunden-Barriere durchbrochen hätte, hätten wir hier Karneval gehabt. Eliud kam (aus Wien) zurück ins Trainingscamp, trank mit dem Team eine Tasse Tee und begann wieder mit dem Training!“

Die Topläufer und ihre Bestzeiten

Eliud Kipchoge KEN 2:01:39
Guye Adola ETH 2:03:46
Ghirmay Ghebreslassie ERI 2:05:34
Dejene Debela ETH 2:05:46
Mark Korir KEN 2:05:49
Ashenafi Moges ETH 2:06:12
Tadu Abate ETH 2:06:13
Bethwel Yegon KEN 2:06:14
Awet Habte ERI 2:06:25
Ryu Takaku JPN 2:06:45
Limenih Getachew ETH 2:06:47
Hiroto Inoue JPN 2:06:47
Zablon Chumba KEN 2:07:18
Kenya Sonota JPN 2:07:23
Kento Kikutani JPN 2:07:26 – 4. Platz VCM 2021
Kazuki Muramoto JPN 2:07:36
Tadashi Isshiki JPN 2:07:39
Atsumi Ashiwa JPN 2:07:54
Daisuke Doi JPN 2:08:13
Rintaro Takeda JPN 2:08:48
Yuki Matsumura JPN 2:09:01
Peter Herzog AUT 2:10:06 – ÖLV-Rekordhalter
Johannes Motschmann GER 2:12:18
Haftom Weldaj ERI/GER 2:13:47
Frank Schauer GER 2:14:43
Erik Hille GER 2:15:04

Die Topläuferinnen und ihre Bestzeiten

Keira D’Amato USA 2:19:12
Gutemi Shone Imana ETH 2:20:11 – 7. Platz VCM 2016
Maurine Chepkemoi KEN 2:20:18 – 3. Platz VCM 2019
Workenesh Edesa ETH 2:20:24
Sisay Gola ETH 2:20:50
Vibian Chepkirui KEN 2:20:59 – VCM-Siegerin 2021 & 2022, Streckenrekord
Tigist Abayechew ETH 2:22:24
Bekelech Gudeta ETH 2:22:56
Sayaka Sato JPN 2:23:27
Risper Chebet UGA 2:23:45
Yukari Abe JPN 2:24:02
Meseret Belete ETH 2:24:25
Lisa Weightman AUS 2:25:15
Natasha Wodak CAN 2:26:19
Kanako Takemoto JPN 2:26:23
Sonia Samuels GBR 2:28:04
Rika Kaseda JPN 2:28:29
Ayuko Suzuki JPN 2:28:32
Hikari Onishi JPN 2:28:56
Ftaw Zeray ETH 2:29:15
Katja Fischer GER 2:42:39
Rosemary Wanjiru KEN Debüt
Nigsti Haftu ETH Debüt


VCM News. Text: JW / race-news-service.com