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Schnelle Zeiten, Highlight Olympia und das Comeback des Breitensports

Marathonbilanz Männer 2021

Das Marathonjahr 2021 war wenig überraschend stark von der Corona-Krise beeinträchtigt, vor allem im Breitensport. An der Spitze gab es im Marathon der Männer international wieder deutlich mehr Weltklassezeiten als noch 2020. Gleich 24 Ergebnisse unter 2:05 Stunden wurden in den vergangenen zwölf Monaten gestoppt. Im Jahr zuvor waren es lediglich zehn und selbst 2019 und 2018 wurden unter normalen Bedingungen nicht mehr registriert (jeweils 17). 2018 und 2019 gab es allerdings in der Spitze schnellere Zeiten. Der Jahresweltbeste kommt 2021 einmal mehr aus Kenia, heißt aber nicht Eliud Kipchoge. Es war Titus Ekiru, der in Mailand in einem reinen Eliterennen 2:02:57 Stunden erreichte und sich damit in der Liste der schnellsten Läufer aller Zeiten auf Rang sechs nach vorne schob. Superstar Kipchoge konzentrierte sich vollkommen auf die Olympischen Spiele und lief dort in souveräner Manier zum zweiten Mal in Folge zum Marathon-Gold.

Die Marathonbilanz der Frauen findest du hier.

Österreich beim Olympiamarathon

Beim Olympiamarathon in Sapporo waren auch österreichische Läufer vertreten. Lemawork Ketema musste leider verletzt aufgeben. ÖLV-Rekordhalter Peter Herzog schaffte es bei schwierigen Bedingungen in 2:22:15 auf Rang 61. Bei den drei vorangegangenen Spielen in Rio 2016, London 2012 und Peking 2008 war kein Mann aus Österreich im Marathonziel - bei den Frauen finishte zuletzt Andrea Mayr 2012 und 2016 bei Olympia. Das wettkampfsportliche Highlight in Japan mit gemischten Ergebnissen war Teil eines durchwachsenen Marathonjahres in Rot-Weiß-Rot. An der Spitze der ÖLV-Bestenliste 2021 steht Valentin Pfeil mit 2:15:14 Stunden, die er bei einem der trostlosen Elitemarathons des Corona-Frühjahres im April in Siena gelaufen ist. Damals wollte er das Olympialimit von 2:11:30 knacken. Als es während des Rennens außer Reichweite kam, ist er ins Ziel gelaufen, ohne voll durchzuziehen. Pfeil hat seine Spitzensport-Karriere seither beendet und arbeitet als Tierarzt.

Durchwachsenes Marathonjahr mit erfreulichem Comeback

Mit Isaac Kosgei in 2:19:18 Stunden beim Drei-Länder-Marathon gab es nur ein weiteres Resultat unter 2:20 in der ÖLV-Bestenliste. Dafür gibt es mehrere Gründe. Herzog und Ketema konzentrierten sich auf Olympia. Stephan Listabarth hat seine Laufbahn beendet und widmet sich seiner Arbeit als Mediziner am AKH Wien. Timon Theuer kam in Enschede im Frühjahr nicht ins Ziel. Krankheitsbedingt schaffte er im zweiten Halbjahr keinen Marathonstart mehr. Auch Christian Steinhammer war abgesehen vom Halbmarathon in Kopenhagen in 1:06:47 in der Herbstsaison nicht am Start. Man darf hoffen, dass Österreichs Asse im Europameisterschaftsjahr 2022 wieder mehr und bessere Marathonergebnisse erzielen können. Das EM-Limit von 2:14:30 Stunden dürfte jedenfalls für einige Läufer machbar sein.

Erfreulich war in jedem Fall die Rückkehr des Marathons als Breitensport. Nicht alle, aber die meisten großen Veranstaltungen in Österreich und international haben stattgefunden. Die Teilnehmerzahlen waren noch geringer als 2019 und die Jahre davor, aber der wichtige Schritt zurück ist im Herbst 2021 gelungen. Die Marathons sind sicher und verantwortungsvoll über die Bühne gegangen. Der Gesundheitsdienst der Stadt Wien betonte, dass keine Covid-Infektionen in Zusammenhang mit dem Vienna City Marathon aufgetreten sind.

Auch die oft geäußerte Sorge vor der Durchführung der Olympischen Spiele in Japan stellte sich als unbegründet heraus. Die Veranstaltung hat zu keinem Anstieg der Infektionen in Japan beigetragen, wie Dr. Saito Tomoya vom Japanischen Institut für Infektionskrankheiten Ende Dezember festhielt.

Deutschlands Marathon-Asse im Aufschwung

Im Nachbarland Deutschland, wo der Marathon im Spitzensportbereich einige Jahre lang doch kriselte, gab es eine beachtliche Entwicklung. Amanal Petros steigerte in Valencia Anfang Dezember seinen eigenen deutschen Rekord auf 2:06:27 Stunden. Im Jahr vor den Europameisterschaften in München schob sich zudem mit Richard Ringer ein zweiter deutscher Topläufer in die kontinentale Spitze. Er steigerte sich auf 2:08:49, so dass erstmals zwei deutsche Läufer in einem Jahr Zeiten von unter 2:09 Stunden erreichten. Ringer erreichte beim Olympiamarathon den beachtlichen 26. Rang. Mit Simon Boch (2:10:48) blieb 2021 ein dritter deutscher Läufer unter 2:11 Stunden. So schnell war noch nie ein deutsches Top-Trio im Marathon. Zudem steigerte sich Tom Gröschel - der EM-Marathon-Elfte von 2018 - auf 2:11:03 und verfehlte eine Zeit von unter 2:11 nur ganz knapp. Der Aufschwung der deutschen Marathonläufer setzte sich 2021 fort.

Top-Zeiten nicht mehr bei den Majors

Dies galt auch für einen ganz anderen, international bemerkenswerten Trend, der sich 2021 fortsetzte: Die Jahresweltbestenliste wird nicht mehr von den Rennen der World Marathon Majors (WMM) geprägt. Diese Entwicklung ist nicht neu, hat sich aber noch nie so stark bemerkbar gemacht wie jetzt. Von den schnellsten 30 Zeiten des Jahres 2021 stammen gerade einmal drei von einem der WMM-Rennen (London). In den ersten Jahren seit Gründung der WMM 2006 war dies noch ganz anders. Damals waren die Läufe in London, Boston, Berlin, Chicago und New York (erst später kam Tokio hinzu) tatsächlich das Maß der Dinge. Zuletzt haben die WMM den Fokus auch sehr stark auf andere Bereiche gelegt, wie Altersklassen-Weltmeisterschaften oder den Rennrollstuhl-Wettbewerb. Ob sich die WMM-Veranstalter damit spitzensportlich verzetteln, werden die nächsten Jahre zeigen. Aktuell sind es andere Läufe, bei denen die schnellsten Zeiten gelaufen werden.

Natürlich spielen immer auch die Wetterbedingungen eine Rolle. Sie passten in Berlin im vergangenen September nicht, so dass das Rennen bezüglich der Siegzeit international regelrecht abstürzte: Der Äthiopier Guye Adola gewann in 2:05:45 Stunden, doch das reichte am Ende nur zu Rang 40 in der Liste der weltweit schnellsten Zeiten des Jahres 2021. Von 2011 bis 2019 hatte Berlin in einer einmaligen Serie neunmal hintereinander die Jahresweltbestzeit produziert, also Rang eins belegt.

Kommt die Rekordjagd 2022?

Es ist aber möglich, dass die Berliner 2022 nach ganz vorne zurückkehren. Denn für Eliud Kipchoge könnte es nach seinem Olympiasieg nun wieder darum gehen, schnelle Zeiten zu laufen und seinen in Berlin 2018 aufgestellten Weltrekord von 2:01:39 zu unterbieten. Berlin wäre wohl die erste Wahl für Eliud Kipchoge, der aber auch auf die Idee kommen könnte, unter regulären Bedingungen einen Angriff auf die Zwei-Stunden-Barriere zu starten. 2019 war er in einem nicht rekord-konformen Rennen in Wien 1:59:40,2 gelaufen. Kipchoge hat aber auch davon gesprochen, dass er alle Majors gewinnen möchte. Somit kommt auch Chicago für eine Weltrekordjagd in Frage.

Während niemand im vergangenen Jahr in den Bereich von Eliud Kipchoges Weltrekord kam, fiel in Rotterdam der Europarekord: Bashir Abdi, der zuvor beim olympischen Marathon hinter Kipchoge und Abdi Nageeye (Niederlande) Rang drei belegt hatte, gewann das Rennen in 2:03:36 Stunden. Damit unterbot der aus Somalia stammende Belgier die bisherige Bestzeit des Türken Can Özbilen um 40 Sekunden. Da im kommenden Sommer wohl Welt- als auch Europameisterschaften stattfinden, bleibt abzuwarten, welche europäischen Topläufer wo starten.


Marathon Jahres-Bestenliste Männer 2021


2:02:57 Titus Ekiru KEN Mailand 16.5.
2:03:36 Bashir Abdi BEL Rotterdam 24.10.
2:03:39 Tamirat Tola ETH Amsterdam 17.10.
2:03:55 Reuben Kipyego KEN Mailand 16.5.
2:04:01 Sisay Lemma ETH London 3.10.
2:04:04 Marius Kipserem KEN Rotterdam 24.10.
2:04:09 Bernard Koech KEN Amsterdam 17.10.
2:04:12 Leul Gebresilase ETH Amsterdam 17.10.
2:04:17 Barnabas Kiptum KEN Mailand 16.5.
2:04:21 Elisha Rotich KEN Paris 17.10.
2:04:27 Dawit Wolde ETH Rotterdam 24.10.
2:04:28 Vincent Kipchumba KEN London 3.10.
2:04:29 Seifu Tura ETH Mailand 16.5
2:04:30 Eliud Kipchoge KEN Enschede 18.4.
2:04:31 Leul Gebresilase ETH Mailand 16.5.


VCM News. AM / JW. Text und Statistik: race-news-service.com