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Vorfreude auf Heimrennen – Julia Mayer: „Bin topmotiviert!“

Österreichs Rekordläuferin und internationale Asse sind bereit, mit schnellen Rennen zu begeistern.

Julia Mayer will bei ihrem Heimrennen ihr Bestes geben und im Spitzenfeld so weit wie möglich vorne landen. Die Vorbereitung der ÖLV-Rekordhalterin verlief vielversprechend für den nächsten bedeutenden Schritt in ihrer Marathon-Karriere. An der Spitze des Rennens hat Nazret Weldu (Bestleistung 2:20:29) auf der Jagd nach einer schnellen Zeit auch das Olympia-Limit im Hinterkopf.

Ein Jahr nach dem dramatischen und emotionalen Zieleinlauf am Burgtheater, mit dem Julia Mayer die Verbesserung des damaligen österreichischen Marathonrekords um die Winzigkeit einer Sekunde (2:30:42) erreichte, steht Österreichs Top-Marathon vor der möglichen nächsten Sternstunde durch eine heimische Läuferin. Denn die künftige Olympia-Teilnehmerin visiert den Marathon am Sonntag in Topform an. Sehr gute Trainingsleistungen in einem insgesamt gelungenen Marathon-Zyklus befeuern ihren Optimismus.

Gute Platzierung hat Priorität

Drei Tage vor den sicherlich für sie besonders stimmungsvollen 42,195 Kilometern mit vielen bekannten Gesichtern unter den Fans am Streckenrand wählte die 31-Jährige bei der heutigen Pressekonferenz trotz aller Vorfreude leichte Zurückhaltung. Sie gibt einer guten Platzierung die höhere Priorität als der Laufzeit und lässt sich die taktische Herangehensweise an den Wettkampf bis mindestens Samstag offen: „Wir bereiten zwei, drei Szenarien für Sonntag vor: je nachdem, wie das Wetter tatsächlich sein wird, und je nachdem, wie sich das Rennen entwickelt“, lässt sie sich nicht in die Karten blicken. Mayer betont aber, dass sie ihren Plan, egal wie die taktische Entscheidung schlussendlich ausfällt, gemeinsam mit ihren persönlichen Tempomachern Simon Stützel und Stephan Listabarth durchziehen möchte und sich nicht zwingend an andere Gruppen orientieren will.

Mit der Peruanerin Johanna de la Cruz Capani ist eine Läuferin mit ähnlichen Vorzeichen am Start. Die 31-Jährige hat das Olympia-Limit beim Houston Marathon im Jänner um eine Sekunde unterboten und den VCM als ihre Generalprobe für Paris 2024 ausgewählt. Ein voraussichtlich ähnliches Leistungsniveau bringendie beiden zweifachen Olympia-Teilnehmerinnen Lilia Fisikovici aus Moldawien und Zaida Ramos aus Peru mit, die einen Last-Minute-Angriff auf das Olympia-Limit von 2:26:50 Stunden für ihr persönliches Olympia-Triple wagen. „Ein spannendes Umfeld, das mit Julias Zielen gut harmonieren wird“, ist Rennleiter Johannes Langer überzeugt. Um im Olympischen Marathon der Frauen in Paris dabei zu sein, ist das Unterbieten dieser Marke obligatorisch: Bereits mehr als die vorgesehenen 80 Startplätze sind über das Direkt-Limit gebucht, es werden also keine Olympia-Starterinnen eine Qualifikation über die Weltrangliste schaffen.

„Ein wichtiger Schritt in meiner Marathon-Karriere“

Die beim Valencia Marathon 2023 erreichte Olympia-Qualifikation mit ihrem neuen ÖLV-Marathonrekord von 2:26:43 Stunden hat Druck weggenommen. Die Olympia-Teilnahme war immer schon ein sportlicher Traum. „Nun aber geht mein Weg weiter, ich stecke mir immer neue Ziele und will in den nächsten Jahren viel erreichen“, erklärte die beste heimische Läuferin bei der heutigen Pressekonferenz im Austria Trend Hotel Savoyen. Auf diesem konsequenten und disziplinierten Weg mit ihrem engsten Umfeld, in dem ihr Trainer Vincent Vermeulen seit einigen Jahren die Marschrichtung vorgibt, sind Gelassenheit und Geduld wichtige Zutaten. Denn Zielsetzungen sind langfristig und gehen weit über die Olympischen Spiele im August in Paris hinaus. Der nächste Schritt auf diesem Weg ist der Vienna City Marathon am Sonntag. „Ich sehe den VCM keinesfalls als Testlauf für Olympia. Ich sehe ihn als Wettkampf, in dem ich meinen nächsten Schritt in meiner Entwicklung im Marathon machen kann. Daraus kann ich im Optimalfall viele wichtige Erkenntnisse ziehen, die beim nächsten Marathon, der dann bei den Olympischen Spielen sein wird, sehr hilfreich sein werden.“

Der heimische Marathonstar

Medial so gefragt wie Julia Mayer war in der heimischen Leichtathletik-Geschichte noch keine Marathonläuferin. Etliche Medienberichte und mediale Auftritte im Vorfeld des Vienna City Marathon 2024 zeigen ihre Stellung in der heimischen Sportlandschaft. „Für mich ist es schon immer wieder überraschend, welche Wirkung ich auf die Öffentlichkeit habe und welche Begeisterung ich mit meinen Leistungen entfachen kann“, erzählte die 31-Jährige. „Für eine Läuferin ist dies in Österreich nicht selbstverständlich.“ Sie finde es „irrsinnig schön“, wenn zahlreiche Nachrichten sie erreichen oder wenn sie bei Trainingseinheiten auf der Prater Hauptallee erkannt, angefeuert oder gar fotografiert wird. Diesen Zuspruch wird Mayer auch am Sonntag genießen.

Olympia-Limit im Hinterkopf

In einer kuriosen Lage hinsichtlich Paris 2024 steckt die Favoritin auf den Sieg beim Vienna City Marathon 2024, Nazret Weldu. Die Marathonrekordhalterin aus Eritrea, die bei den Weltmeisterschaften 2022 von Oregon in einer Bestleistung von 2:20:29 Stunden als Vierte eine Medaille nur um elf Sekunden verpasste, hat das Olympia-Limit für Paris nämlich noch nicht in der Tasche, obwohl ihre Klasse dies eigentlich nahelegen würde. Ihre drei starken Marathonleistungen im Jahr 2022 lagen aber außerhalb des Qualifikationszeitraums. Im Frühling 2023 absolvierte sie als Sechste einen starken Boston Marathon in 2:23:25 Stunden, u.a. aufgrund der Streckencharakteristik (Punkt-zu-Punkt) werden die in Boston erzielten Leistungen aber für die Olympia-Qualifikationskriterien nicht angerechnet. Auch ihr zweiter Marathon 2023 war mit Platz acht bei der WM in Budapest ein guter, aufgrund der sommerlichen Bedingungen und des für Meisterschaften typischen Rennverlaufs blieb die Eritrerin jedoch knapp über dem Limit.

Obwohl sie unbedingt zu den Olympischen Spielen will, hat die 34-Jährige, die sich vor drei Wochen mit Platz zwei bei einem Halbmarathon im chinesischen Yangzhou auf den VCM eingestimmt hat, die Zeit von 2:26:50 Stunden nicht vordergründig im Visier. Sie will deutlich schneller laufen und freut sich über die angesagten, kühleren Temperaturen. „Nur, wenn ich sehe, dass eine deutlich schnellere Zeit nicht möglich wird, konzentriere ich mich darauf, mein Rennen so zu Ende zu bringen, dass ich mich jedenfalls für die Olympischen Spiele qualifiziere“, legt Weldu die Devise fest. Ein simples Unterbieten der Zeit von 2:26:50 Stunden reicht für Weldu, denn im Gegensatz zu vielen anderen Nationen hat Eritrea erst einen Startplatz im Marathon der Frauen sicher, zwei weitere sind also möglich. Die Marathon-Vorbereitung hat Weldu in der Nähe von Addis Abeba, der Hauptstadt Äthiopiens, absolviert und dort mit zahlreichen Weltklasseläuferinnen trainiert. Zu ihren besten Freundinnen zählt Gotytom Gebreslase, äthiopische Weltmeisterin von 2022.

Eritreischer Sieg wäre eine Premiere

Gemeinsam mit ihrer Landsfrau Dolshi Tesfu, die das Olympia-Limit beim Valencia Marathon 2022 in einer Zeit von 2:20:40 Stunden locker unterboten hat, bildet Nazret Weldu die wahrscheinlich hochklassigste Spitze eines Elitefelds der Frauen in der Geschichte des Vienna City Marathon, die die Hoffnungen auf ein schnelles, spannendes und spektakuläres Rennen am Sonntag nährt. 

- Update 18.04.: Nach Visa-Problemen konnte Dolshi Tesfu nicht bereits wie geplant am Donnerstag zur Pressekonferenz nach Wien anreisen. Sie musste ihren VCM-Start mittlerweile absagen. -

Nach sechs kenianischen Erfolgen bei den Frauen in Serie könnte es am Sonntag dennoch zu einer Premiere kommen: Die VCM-Historie umfasst in den Frauen-Bewerben Siegerinnen mit 16 unterschiedlichen Nationalitäten, eritreische Siegerin gab es bisher weder bei den Frauen noch bei den Männern.

Zur Gruppe der schnellsten Läuferinnen zählen auch die Kenianerinnen Shyline Toroitich und Rebbeca Tanui. Die 29-jährige Toroitich wurde überraschenderweise vom kenianischen Verband für den WM-Marathon 2023 in Budapest nominiert, konnte das Rennen dort aber nicht beenden. Ihren größten Erfolg feierte sie im Frühling 2023 als Siegerin des Enschede Marathon. Tanui läuft den Vienna City Marathon zum zweiten Mal, 2023 belegte sie Platz vier. Damals störte ein Zwischenfall bei einem Trainingslauf ihre Vorbereitung, ein Motorrad touchierte sie. Dieses Mal verlief die Vorbereitung rund und die 31-Jährige hat sich vorgenommen, besser abzuschneiden als im letzten Jahr. In ihrer Karriere hat sie bereits die Marathons in Venedig und San Sebastian gewonnen. „Ich bin aufgeregt, wieder hier zu sein. Wien ist eine wunderschöne und faszinierende Stadt, ich habe meinen Aufenthalt im letzten Jahr hier sehr genossen“, erzählt sie.

Vier Rookies aus Kenia

Zum dritten Mal in Folge ist der Vienna City Marathon in Zusammenarbeit mit OPEC Fund for International Development Bühne für ein Quartett kenianischer Talente, die ihren ersten Marathon außerhalb Afrikas bestreiten und somit eine exklusive Gelegenheit erhalten, in der internationalen Laufszene Fuß zu fassen. Das OPEC Rookie-Team umfasst in diesem Jahr Faith Chepkoech, Winnie Kosgei, Edmon Rono und Raymond Komen. Alle vier präsentierten sich selbstbewusst und wollen ihre Marathon-Bestleistungen am Sonntag deutlich steigern, für Rono ist es das Debüt auf der Traditionsdistanz. „Wir freuen uns, jedes Jahr die Partnerschaft zwischen dem OPEC Fund for International Development und dem VCM erneuern zu können. Unser gemeinsames Projekt soll jungen Läuferinnen und Läufern den Weg zum Erfolg ebnen und ihnen ermöglichen, etwas in der Welt zu bewegen. Wir glauben fest daran, dass Sport Menschen zusammenführt und unsere Gesellschaft vorwärts bringt“, sagt Dominik Konrad, Geschäftsführer des Vienna City Marathon.

Großes Lauffest in Wien

Über 42.500 Anmeldungen sind für die Bewerbe des VCM-Wochenendes 2024 eingegangen, erstmals seit 2013 über 10.000 alleine für den Marathon. 840.000 Kilometer absolvieren sie, entsprechend der Anmeldungen über die verschiedenen Distanzen, summiert – das sind umgerechnet 21 Erdumrundungen. Sie alle erwartet ein hochklassiges Lauferlebnis mit etlichen Stimmungshighlights und innovativen Ideen der Inszenierung am Streckenrand hin zum Höhepunkt der Zielankunft vor dem Burgtheater.

Zwei Kinder geben das Startsignal

Das Startsignal des Vienna City Marathon – immer ein besonderer Moment des Event-Wochenendes - steht diesmal im Zeichen des Nachwuchses. “Wir wollen die Begeisterung, die am Samstag bei Kinderläufen versprüht wird, auch am Sonntag zum Start bringen. Deshalb haben wir aufgerufen, dass wir zwei junge Teilnehmer suchen, die gemeinsam auf einen Startbuzzer drücken. Wir haben über 300 herzerwärmende Zuschriften erhalten”, so VCM-Geschäftsführerin Kathrin Widu. Die 10-jährige Mia-Sophie aus Kärnten und der 8-jährige Bilel aus Wien werden die Läuferinnen und Läufer am Sonntag auf die Reise schicken. 

Bilel hat im Vorjahr als „entlaufener Marathonbub“ für Schlagzeilen gesorgt. Beim Zuschauen am Streckenrand war er so begeistert, dass er begonnen hat mitzulaufen. Sein Vater konnte ihn plötzlich nicht mehr sehen und hat ihn aus den Augen verloren. Bilel lief 7 Kilometer weit mit, ehe er von einem Polizisten gefunden wurde. – Eine Story, die viele Menschen berührt hat und worüber sogar in Zeit im Bild in den Hauptnachrichten ausführlich berichtet wurde. Diesmal nimmt Bilel am Samstag ganz offiziell am Kinderlauf The Daily Mile 800 teil, bevor er am Sonntag auf den Buzzer drückt.  
 

VCM News / Thomas Kofler, AM