Wahrscheinlich hast du noch nicht viel vom „Zweibrückenlauf“ gehört. Vielleicht gar nichts. Dieser Bewerb war Österreichs erste große Laufveranstaltung. 7.500 Männer, Frauen und Kinder nahmen an der Premiere am 11. April 1964 in Wien teil. „Das gab’s noch nie“, lautete die Headline der Kronenzeitung am darauffolgenden Tag. Und das stimmte. Gelaufen wurde im heute nicht mehr vorhandenen Überschwemmungsgebiet am linken Ufer der Donau zwischen Nordbahnbrücke und Reichsbrücke. Die Teilnehmer „bewiesen, dass die Österreicher nicht nur ein Volk der Schlemmer sind, sondern den Sport auch aktiv betreiben, wenn man ihnen die Gelegenheit dazu bietet“, so die Krone auf der Titelseite.
Der Beginn von etwas Neuem: „Da haben sie mich ausgelacht.“
Es war absolutes Neuland, eine Veranstaltung ins Leben zu rufen, die Tausende Menschen zum Laufen bewegte. Gerade jetzt, da keine Veranstaltungen stattfinden und Bewegungs- und Gesundheitsförderung immer wichtiger werden, ist diese Geschichte wegweisend und inspirierend. Denn die Innovationskraft für eine Bewegungsoffensive mit dem Ziel, die breite Bevölkerung zum Sport zu motivieren, brauchen wir heute mehr denn je.
Es war eine Zeit, in der es weder „Volksläufe“ noch City-Marathons noch Fitness-Influencer gab. Sportausübung außerhalb des Vereinssports war noch exotisch. „Wir haben im Organisationsteam Wetten abgeschlossen, wie viele Läufer kommen werden“, erinnert sich der mittlerweile 90-jährige Initiator Hermann Andrecs. Die meisten tippten auf zweistellige Teilnehmerzahlen. „Ich habe 800 gesagt. Das war kühn, da haben sie mich ein bisserl ausgelacht.“
„Ich wollte etwas Größeres machen“
Ziel des Laufes war nicht, einen bestimmten Platz zu belegen, sondern die Strecke von 2,2 Kilometern innerhalb von 13 Minuten zu durchlaufen. Dafür erhielt man eine Ansteckplakette zur Erinnerung und Belohnung. Andrecs trug einen „Sport für alle“-Gedanken in sich und schwärmte unter anderem vom schwedischen „Wasalauf“ als Vorbild. Mit einer attraktiven Laufveranstaltung auf einer gut bewältigbaren Distanz wollte er Freude an der Bewegung und damit auch Gesundheitsbewusstsein unters Volk bringen. „Mich hat immer gestört, dass es zum Beispiel österreichische Marathonmeisterschaften mit 17 oder 19 Teilnehmern gibt. Ich wollte etwas Größeres machen“, schildert er. „Es lag in der Luft damals.“
Andrecs stammt aus Kärnten. Er hatte in Graz Sport studiert, war als Mittelschullehrer in der Steiermark und in der Schweiz tätig, bevor er 1962 in das Unterrichtsministerium in die Abteilung Leibesübungen & Schulsport kam. Später sollte er deren Leiter werden. Für seine Idee eines großen Laufs fand er im traditionsreichen Wiener Leichtathletik-Verein WAC die richtigen Unterstützer.
Ein achtköpfiges Organisationsteam traf sich am 23. November 1963 zum ersten Mal. Die Ankündigung des Bewerbs hat weit über den engen Kreis der Sportenthusiasten hinaus zur Teilnahme bewegt. „Wir haben den Lauf ausgeschrieben und Anmeldelisten in Sportartikelgeschäften aufgelegt“, so Andrecs. „Es hat eine eigene Dynamik bekommen, weil die Kronenzeitung auf die Idee aufgesprungen ist.“ Der langjährige Sportredakteur Norbert „Nobby“ Wallauch (1941-2015) griff den Zweibrückenlauf mehrfach in der Berichterstattung auf. Sein Kollege Bruno Seiser nahm selbst am Lauf teil und berichtete in einer eigenen Kolumne.
Teilnehmeransturm: Tausende Medaillen mussten nachproduziert werden
Vier Tage vor dem Start hatten sich bereits 5.000 Läuferinnen und Läufer angemeldet. Etwa 3.000 aus Schulen, dem Bundesheer und diversen Sportorganisationen, dazu rund 2.000 Menschen, die in den Sportgeschäften ihren Namen in die Starterliste geschrieben hatten. Beim Organisationsteam schnellten Puls und Stresshormone in die Höhe. Man war auf höchstens 2.000 Teilnehmer vorbereitet. In einer eiligst einberufenen Besprechung wurde alles, was nur irgendwie vereinfacht werden konnte, auf die erwartete Teilnehmerzahl abgestellt. Die Läufer wurden in sieben Klassen und ebenso viele einzelne Läufe unterteilt. Was dennoch fehlte, waren die Ehrenabzeichen. Die beauftragte Firma Orth war verständlicherweise nicht in der Lage, binnen weniger Tage tausende zusätzliche Plaketten für die erfolgreichen Läufer anzufertigen. Der Ausweg war: die Bundesheersoldaten bekamen ihre Abzeichen später über ihre Dienststellen nachgeschickt.
Der Tag der Premiere
Samstag, 11. April 1964: ein sonniger Frühlingstag in Wien. Der Parcours war trocken. Es herrschten Windstille und angenehme Lauftemperaturen. 63 Helfer der Leichtathletiksektion des WAC waren für ihre Aufgaben bereit. Das Bundesheer unterstützte mit 26 Mitarbeitern. Zusätzlich zu den 5.000 Vorangemeldeten kamen weitere 2.500 Begeisterte an den Start. Manche Zeitungen schrieben von insgesamt 9.500 Teilnehmern, was laut Aussage der Organisatoren zu hoch gegriffen war. Ab 14:30 Uhr ging es los. Schulen und Jugendorganisationen liefen eine Strecke von etwas über einen Kilometer ab Höhe Donauturm, dessen Eröffnung damals unmittelbar bevorstand. Um 16:00 Uhr erfolgte der Start für die Erwachsenen über 2,2 Kilometer.
„Die Startreihe füllte auf 400 Metern die gesamte Breite des Überschwemmungsgebietes. Es war schwierig, die zum Lauf bereiten Teilnehmer so lange im Zaum zu halten, bis alle Startplättchen markiert waren – eine Voraussetzung, um sie am Ziel gegen ein Teilnahmeabzeichen tauschen zu können. Nur diese Verheißung und die aus den beiden auf und ab fahrenden Lautsprecherwagen gebetsmühlenartig wiederholte Ansage - „Bitte um ein wenig Geduld, in Kürze werde der Startschuss fallen, bitte nicht die Startlinie überschreiten“ - konnten ein vorzeitiges Losstürmen verhindern. Wenn auch nur eine ganz kleine Gruppe losgelaufen wäre, hätte niemand das Chaos aufhalten können. Einige Male war es hart an der Grenze… Dann aber lief doch alles wie geplant“, erinnert sich Helmut Hofmann, einer der Organisatoren. Ein Kanonenschuss schickte die Läuferinnen und Läufer ins Rennen. Der Lauf wurde zum durchschlagenden Erfolg. „Erstmals erlebte die Stadt einen „Lauf der tausend“, erlebte die Begeisterungsfähigkeit der Wienerinnen und Wiener fürs Laufen und ein mediales Echo, wie es nur wenigen Großveranstaltungen zuteilwurde“, so Hofmann.
Rennen motivierte zum Training
Dass Laufevents über das Rennen hinaus zum Sport motivieren, zeigte sich schon damals. „I hab scho zwa Wochn vurher täglich fleißig geübt“, zitierte die Krone einen Teilnehmer. Zahlreiche Hobbysportler hatten am Wochenende davor einen Probelauf am Originalschauplatz absolviert. Was man im Englischen heute „event driven exercise“ nennt, die Sportausübung, die durch Teilnahme an einem Bewerb ausgelöst wird, war auch beim Zweibrückenlauf ein wichtiger Faktor.
Pionierleistung für den Laufsport
Der Zweibrückenlauf war ein sehr früher Vorläufer für heutige Laufevents und einer der ersten großen Volksläufe in Europa. Beim jährlichen Wiener Höhenstraßenlauf etwa, der schon 1949 erstmals durchgeführt wird, kamen in den 1960er-Jahren oft nicht einmal zehn Teilnehmer an den Start. Vergleichbare Events um diese Zeit waren der Crosslauf in Brüssel, der rund 3.000 Teilnehmer aktivierte, sowie der als erster Volkslauf Deutschlands geltende Straßenlauf in Bobingen bei Augsburg am 13. Oktober 1963. Dort nahmen 1.654 Läuferinnen und Läufer auf Strecken zwischen 800 Metern und 12 Kilometern teil.
Vier Auflagen
Die zweite Auflage des Zweibrückenlaufs 1965 musste wegen Hochwasser auf Herbst verschoben werden. 1966 gab es als Zusatzaktion zum Zweibrückenlauf die „Sportplätze der Offenen Tür“. Zwischen Floridsdorfer Brücke und Nordbrücke wurden 40 Fußballfelder zugänglich gemacht. Teilnehmerzahlen pendelten sich bei etwa 5.000 ein. Die vierte Auflage des Zweibrückenlaufs 1967 war zugleich die Letzte. Zum einen waren wohl die ehrenamtlichen Organisationskräfte des Vereins WAC an die Grenzen gekommen, zum anderen begannen die Diskussionen um die Errichtung der Donauinsel. Die Laufstrecke im Überschwemmungsgebiet war damit in Frage gestellt. Ab 1972 begannen tatsächlich die Arbeiten an der Donauinsel.
Laufsport-Akzente in Wien wieder mehr als ein Jahrzehnt später
Der Zweibrückenlauf war der Beginn von etwas Neuem. Es dauerte aber gut ein Jahrzehnt, bis der Laufsport in Wien wieder stärkere Akzente setzte. Die ersten Praterläufe von „Urgestein“ Dolfi Gruber fanden ab 1977 statt, somit 13 Jahre nach dem ersten Zweibrückenlauf. Von Popularität war man noch weit entfernt. In der Regel wurden die Teilnehmer an den Praterläufen als Verrückte gesehen. Selbstverständlich gab es Laufaktivitäten an vielen Orten in Österreich. Beispielsweise wurde der Wolfgangseelauf ab 1972 durchgeführt. Von elf Teilnehmern bei der Premiere ging es kontinuierlich aufwärts mit 191 Meldungen bei der fünften Auflage und 770 Meldungen bei der zehnten Auflage. Große City-Marathons, wie wir sie heute kennen, waren aber noch entfernte Zukunft. Der schon seit 1897 durchgeführte Boston Marathon bewegte Mitte der 1960er Jahre rund 500 Teilnehmer. New York begann 1970 mit dem Marathon ausschließlich im Central Park und 55 Finishern. Der London-Marathon startete erstmals 1981. In Wien fanden am 26. Oktober 1983 die österreichischen Marathon-Staatsmeisterschaften auf der Donauinsel mit 109 Finishern, darunter 6 Frauen statt. Bereits davor gab es Bestrebungen, einen Stadtmarathon in Wien zu etablieren, die Politik war aber noch nicht zur Premiere bereit. Am 25. März 1984 ging dann der „1. Wiener Frühlingsmarathon“ (heute Vienna City Marathon) mit Start am Rathausplatz und Ziel am Heldenplatz in Szene. 794 Teilnehmende kamen ins Ziel, darunter 25 Frauen. Etwa nochmal soviele nahmen beim parallel ausgetragenen "Frühlingslauf" teil. Damals wie heute war es das größte Laufereignis Österreichs. Mehrere Mitarbeiter aus dem Team des Zweibrückenlaufs waren auch beim Beginn des Vienna City Marathon als Helfer dabei.
Zweibrückenlauf Facts & Figures
Austragungen
11. April 1964: 1. Zweibrückenlauf
25. September 1965: 2. Zweibrückenlauf. Für den ursprünglich geplanten Termin am 25. April lagen bereits 9.000 Anmeldungen vor. Aufgrund von Hochwasser musste der Lauf jedoch verschoben werden, wodurch das Interesse geringer wurde.
23. April 1966: 3. Zweibrückenlauf
22. April 1967: 4. Zweibrückenlauf
Organisatorisches
Die Anmeldung erfolgte in Sportgeschäften, über Schulen und bei Organisationen wie dem Bundesheer.
Die Teilnahme war kostenlos.
Es wurde keine Einzelsieger ermittelt oder geehrt. Es ging ums Erreichen eines Zeitlimits, wofür die erfolgreichen Teilnehmer mit Ansteckplaketten erhielten.
63 Helfer des Vereins WAC und 26 Soldaten des Bundesheeres arbeiteten an der Ablauforganisation.
Eine Liste aller Geräte und Hilfsmittel einschließlich WC-Wagen, eine Liste aller Funktionäre (einschließlich Polizei), ihres genauen Einsatzortes sowie ein minutiöser Ablaufplan dienten als wesentliche Grundlagen der Veranstaltung.
Für die Startaufstellung wurde das Überschwemmungsgebiet auf gesamter Breite von etwa 400 Metern genutzt. Im Ziel bei der Reichsbrücke wurden die Läufer mithilfe von Schneezäunen zusammengeführt, sodass alle zwischen zwei Pfeilern durchs Ziel liefen.
Es gab ein ca. 100 x 100m Areal als Garderobeplatz nördlich der Nordbrücke. Dort haben die Leute in Kleidersäcken ihre Garderobe abgegeben. Sie sind nach dem Lauf zurückspaziert und haben sich die Kleidung wieder abgeholt.
Die Gemeinde Wien hat am Anfang der Arbeiterstrandbadstraße eine Batterie WCs zur Verfügung gestellt.
Nach dem Lauf haben WAC-Leute zurückbleibenden Müll eingesammelt und das Gebiet sauber gemacht.
Die beim Start eingeschaltete Stoppuhr wurde per Auto zum Ziel gebracht werden, falls die Funkverbindung nicht klappen sollte. Sanitätswagen haben die Läufer begleitet und Streckenposten die Läufer überwacht, die vor dem Ziel in trichterartigen Absperrungen eingeschleust wurden und in dem so gebildeten Gang die Plaketten, die alle Teilnehmer, die die Strecke innerhalb von 13 Minuten durchlaufen würden, bekommen sollten. Überdies war eine Siegerehrung für den jüngsten und ältesten Einzelläufer und die erfolgreichsten Mannschaften (etwa 100 Schulklassen und rund 60 Organisationen, Firmen, Vereine) vorgesehen.
Das Unterrichtsministerium stellte 25.000 Schilling für die Produktion der Ehren-Abzeichen zur Verfügung.
Die Ergebnis-Auswertung wurde EDV-gestützt mittels Lochkarten durch die Firma Bull durchgeführt.
Der Verein WAC erzielte durch den Zweibrückenlauf keinen Gewinn, konnte aber einen Zuwachs bei den Mitgliederzahlen erreichen.
Das Organisationsteam
Eine achtköpfige Gruppe kam erstmals am 22. November 1963 in der Wohnung von Helmut Hofmann an der Adresse Henslerstraße 3 in 1030 Wien zusammen.
Das Foto oben zeigt das Team des Wiener Athletiksport Clubs „WAC“ am Ende der ersten Zusammenkunft:
Von links: Helmut Hofmann, Lothar Rübelt, WAC-Sektionsleiter und ein international herausragender Fotograf, Fritz Eisenhut, 400 m Hürden Läufer und „dank reicher Pfadfinder-Erfahrung für Neuland im Veranstaltungswesen ganz besonders befähigt“, Otti Baumgarten, langjähriger Pressereferent des ÖLV, Bruno Niederecker, stv. WAC-Sektionsleiter, Hermann Andrecs, Gerhard Geist.
Hermann Andrecs, mittlerweile 90, war langjähriger Leiter der Abteilung Leibesübungen & Schulsport im Unterrichtsministerium. Der Leichtathletik war der ehemalige ÖLV-Vizepräsident auf vielfältige Weise verbunden. Er ist nach wie vor sportlich aktiv, nimmt an Masters-Wettkämpfen teil und will den Europarekord im Stabhochsprung seiner Altersklasse brechen.
Das Überschwemmungsgebiet
Das Überschwemmungsgebiet, auch „Inundationsgebiet“ oder „Donauwiese“ genannte Gelände war ein 12 Kilometer langer, etwa 400 Meter breiter Streifen am linken Ufer der Donau in Wien. Es wurde 1875 zum Schutz vor Überschwemmungen errichtet und bestand bis zum Bau der Donauinsel bzw. der Neuen Donau ab 1972. In trockenen Zeiten war es für Freizeitaktivitäten, zum Spazieren gehen oder als Ziel für Ausflüge beliebt. Das Gebiet war flach, von Gras und Sträuchern bewachsen und durch Bombenkrater aus dem Zweiten Weltkrieg etwas unwegsam. Die Strecke des Zweibrückenlaufs führte auf den ersten 1.200 Metern durch ebenes Grasgelände mit einzelnen Erdtrichtern. Der zweite Teil des Laufs war stärker verwachsen und etwas schwieriger zu belaufen.
So kam es zur Durchführung
Hermann Andrecs konnte beim Präsidium des Österreichischen Leichtathletik-Verbandes mit seiner Idee, einen großen Lauf durchzuführen, nicht durchdringen. Im Leichtathletik-Verein WAC fand er den richtigen Partner. „Der WAC hat angefragt, ob ich Trainer für im Verein werden könnte, weil der bisherige Trainer Sandor Rozsnyoi nach Australien ausgewandert ist“, erzählt er. „Ich habe zugesagt und einen Wunsch damit verbunden, nämlich eine Massenveranstaltung durchzuführen.“ Auch beim WAC war die Begeisterung zunächst endendwollend. „Unsere Erwartung war: Es ist ein Riesenaufwand für eine Riesenpleite“, bringt Mit-Organisator Helmut Hofmann die damalige Stimmungslage auf den Punkt. „Hermann hat uns „sekkiert“, dass wir so einen Lauf machen. Ihm zuliebe haben wir gesagt: Ja, machen wir.“
Vorläufer
Wien war schon vor über 200 Jahren Schauplatz einer historisch einzigartigen Laufkultur. Das Kaiserhaus und Adelige hielten sich „Laufer“ als Bedienstete, die Botschaften überbrachten oder den Herrschaften, die in der Kutsche saßen, auf dem Weg durch die Stadt den Weg frei zu machen. Dazu gab es eine eigene Zunft mit Aufnahmeprüfungen. Es entwickelte sich ein jährliches Rennen am 1. Mai, das „Lauferfest“ im Prater. Von 1822 bis 1847 wurden von den Bediensteten der Adeligen auf der Hauptallee über eine Distanz von 8-9 Kilometer Wettläufe vor großem Publikum ausgetragen.
Als der moderne Sport mit Regeln, Messbarkeit und Wettkampfgedanken aus Großbritannien nach Kontinentaleuropa kam, vollzog Österreich diese Entwicklung im Vergleich zu Deutschland aber auch im Vergleich zum ungarischen Teil der Monarchie um mehrere Jahre zeitverzögert. Bei den ersten Olympischen Spielen 1896 war Österreich etwa in der Leichtathletik gar nicht vertreten. Ein ungarischer Läufer holte hingegen Rang drei im Marathon. Die erste Leichtathletikveranstaltung im modernen Sinn im heutigen Österreich war ein Straßenlauf über 25,6 Kilometer am 25. Juli 1897 nahe Wien auf der Strecke von Neu-Kagran über Aspern, Essling und Großenzersdorf nach Osten bis nach Oberhausen und zurück.
Sehr populär war der Staffellauf „Quer durch Wien“, der von 1919 mit mehreren Unterbrechungen bis 1966 ausgetragen wurde. Eine etwa 7,5 Kilometer lange Strecke vom Westbahnhof in den Prater wurde in 15 kurze Etappen unterteilt. Die Staffelteams setzten sich aus Mitgliedern diverser Sportvereine zusammen. Es gab eigene Schulwertungen und ein – kürzeres – Frauen-Staffelrennen. Manchmal nahmen mehr als 1.000 Personen unter großem Publikumsinteresse daran teil.
Die „Originalstrecke“ von Quer durch Wien: Westbahnhof-Mariahilferstraße-Getreidemarkt-Nibelungengasse-Karlsplatz-Ringstraße-Marxergasse-Weißgerberstraße-Custozzagasse-Weißgerberlände-Rotundenbrücke-Wittelsbachstraße-WAC Sportplatz.
Quellen
• Johannes Schwaiger: Laufsportveranstaltungen in Österreich: Vom Lauf „Quer durch Wien“ über den Zweibrücken- und Höhenstraßenlauf bis zu den nationalen „Fitläufen und Fitmärschen“. Diplomarbeit, Universität Wien, 2018.
• Persönliche Gespräche und E-Mails mit Hermann Andrecs und Helmut Hofmann
• Organisations-Unterlagen von Helmut Hofmann (im Besitz des Österreichischen Leichtathletik-Verbands)
VCM News. Text: Andreas Maier